Wir feiern 140 Jahre Suchtberatung
Vom „Abstinenzverein“ zu „Ausweg“
Zum 140-jährigen Jubiläum unserer Suchtberatung machen wir einen kleinen Bilder-Ausflug in die Geschichte. Was heute „Ausweg“ heißt, begann 1885 als „Abstinenzverein“ der Schweizer Blau-Kreuz-Bewegung. Die 1882 gegründete Stadtmission sah die Sorge um alkoholkranke Menschen von Anfang an als eine ihrer Aufgaben. Bis 1898 verpflichteten sich 500 Menschen bei Stadtmissionar und Vereins-Gründer Theodor Hickel per Unterschrift zur Abstinenz. Die nächsten Jahre waren konfliktreich: Nach innen gab es Streit über Ausrichtung und Struktur des Vereins, was auch die Stadtmission als Organisation in Mitleidenschaft zog. Nach außen war die noch junge Abstinenzbewegung oft Spott und Hohn ausgesetzt. Zahlreiche Berufsgruppen wie Winzer, Brauereien und Gastwirte fühlten sich bedroht, was in tumultartigen Szenen während des 8. Deutschen Abstinententages 1912 in Freiburg gipfelte. Stadtmissionar Carl Isler, seit 1907 Vereinsvorstand, gelang es jedoch, den Verein in den 20er Jahren zu neuer Blüte zu führen. Dies gelang ihm unter anderem durch die Zusammenarbeit mit anderen Abstinenzvereinen im „Bezirksverband gegen den Alkoholismus e.V.“ und dem Beitritt zum Deutschen Hauptverein des Blauen Kreuzes.
Während des Zweiten Weltkriegs war die Arbeit nur sehr eingeschränkt möglich. 1943 zerstörte ein Luftangriff die Zentrale des Hauptvereins. Erst ab 1948 konnten wieder regelmäßige Versammlungen stattfinden. Nach schwerer Krankheit verstarb Carl Isler im Januar 1955. Um die Nachfolgeregelung entbrannte ein Konflikt, zudem konzentrierte sich die Stadtmission zunehmend auf die Altenhilfe. 1972 übernahm mit Bernd Fillinger eine neue Generation den Vorsitz Freiburger Blau-Kreuz-Vereins. Man verstand sich nun als offene Selbsthilfegruppe mit christlicher Prägung. Neben den Gruppenstunden standen Haus- und Gefängnisbesuche auf dem Programm.
1989 richteten Stadtmission und Blau-Kreuz-Verein gemeinsam eine psychosoziale Suchtberatungsstelle ein. Die Leitung übernahm Willi Vötter, der „Ausweg“ bis heute vorsteht. Seit 1993 haben Beratungsstelle und Verein ihren Sitz in der Lehener Str. 54a. Ehemalige Betroffene oder Angehörige ließen sich zu ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfern ausbilden, um Selbsthilfegruppen zu leiten. Auch das hauptamtliche Team wurde über die Jahre ausgebaut. Heute bieten drei Sozialarbeiter*innen suchtkranken Menschen Unterstützung bei Problemen mit Alkohol, Medikamenten, Glücksspiel und anderen Süchten. Einfühlsam und kompetent begleiten sie Betroffene auf dem Weg der Veränderung – von der ersten Motivation über Entgiftung bis zur Nachsorge. Dazu kommen Vorträge, Schulungen für Multiplikator*innen und die Beratung von Glückspielanbietern.